Philharmonischer Chor Kiel
Kieler Nachrichten, 20.12.2010

Blaue Töne, herrliche Fluten

Beim vierten Philharmonischen Konzert gab es im Kieler Schloss viel Klasse zu erleben

Kiel. Ein opulentes Programm, ein Gastsolist größten Kalibers und einige überirdische sängerische Momente: Das vierte Philharmoni­sche Konzert bot seinen Besuchern im Kieler Schloss Erstaunliches auf vielen Ebenen. Diese revanchierten sich am Ende eines langen Vormittags mit Ovationen.

Von Oliver Stenzel

[...] – Mit Michael Tippetts Oratorium A Child of our Time, das nach der Pause erklingt, hätte man durchaus auch ein ganzes Konzert füllen können. Das stilistisch ebenso auf die Struktur barocker Oratorien wie auf die afroamerikanische Gospelmusik Bezug nehmende Werk fordert von allen Beteiligten viel und birgt ein hohes Kitschpotenzial. Es ist Georg Fritzsch hoch anzurechnen, dass er diese Karte in keinem Moment ausspielt. Stattdessen präsentiert er das dreiteilige, unter dem Eindruck der Reichskristallnacht entstandene Opus in angenehmer Vielförmigkeit. Das Orchester findet sich in der musikalischen Fülle dabei sehr gut zurecht, ebenso der von David Maiwald einstudierte Philharmonische Chor Kiel, der immer hoch konzentriert und differenziert zum Einsatz kommt. Auch das Feintuning der beiden Formationen stimmt, zwischen denen das Solistenquartett in unterschiedlichen Kombinationen auftaucht. Während Marina Fideli in ihrer Altpartie vor allem auf Schlichtheit setzt, wagt ihr Landsmann Petros Magoulas mehr Pathos in der Gestaltung des Bass-Parts. Klangschön und natürlich wirkt zwischen den beiden Thomasz Zagórskis Tenor. Für die überirdischen Augenblicke sorgt an diesem Morgen allerdings konkurrenzlos Adina Aaron, die mit ihrem wunderbar blühendem Sopran in einem Moment den Saal flutet, um im nächsten für schwerelose Pianissimo-Momente zu sorgen - auch dies ein gewichtiger Grund dafür, dass sich die Zuhörer am Ende eines opulenten musikalischen Vormittags in Ovationslaune zeigen.

Zuletzt geändert am 17.03.2011