Philharmonischer Chor Kiel

Kieler Neueste Nachrichten, 02.03.1927

Fröhliche Musik zum Rosenmontag bot das 8. Volkskonzert des Vereins der Musikfreunde. Es gab mancherlei Neues zu hören. Zunächst von Carl v. Dittersdorf eine Suite „Der Carneval oder die Redoute“. Eine „Symphonie D-Dur“ heißt sie im alten Sinne, und sie bewegt sich in einem Behaglichkeitston, der die kecke Karnevalslaune fein säuberlich auf bestimmte Formen einstellt, auf Menuett, Anglaise, Polonaise, Kehraus mit seiner elegischen Katzenjammer-Betrachtung „Ach, du lieber Augustin, alles ist weg!“ Anders die folgende Nuß­knacker-Suite von Tschaikowsky, die sich jedem Lustigkeitsprogramm einfügt und zur Weihnachtszeit so bereit ist zur Mitwirkung wie bei einem Faschigsspiel der Töne. Der buntfarbige Orchestersatz wurde vom Städtischen Orchester klangvoll wiedergegeben, so daß man vergnüglich dieser spritzigen Musik zuhörte. Die kleinen Sätzchen sind so kurzweilig wie das karnevalistische Stimmungsbild „Allotria“ von Carl Rorich langweilig ist. Mit viel Umständlichkeit wird ein Programmstück durchgeführt, ein Spiel zwischen Prinz Karneval, Kolombine und Bajazzo, der schließlich der Geprellte ist. — Es folgte ein Flötensolo „Russischer Carneval“. Cesar Ciardi hat Variationen geschrieben, die der Flöte in reichem Maße Gelegenheit geben, sich von der behendesten Seite zu zeigen. Zwar gehört dazu ein solch überlegener Spieler wie Kammermusiker Joseph Kraft, der sein Instrument völlig beherrscht. Die weitesten Sprünge der Intervalle, Triller und Tonleitern, chromatisch und unterbrochen, allerlei Ton­schnörkel wurden vom Solisten glitzernd ausgebreitet, dabei war der Ton blühend und schön. Er ließ die Flöte gleichsam sich selber eins pfeifen. Der lebhafte Beifall rief den Flötisten wiederholt hervor und nötigte ihn zur Wiederholung einiger Variationen. Professor Stein leitete umsichtig und in guter Laune das Konzert, das seinen Aus­klang fand in zwei Straußschen Walzern. Der A-cappella-Chor des Oratorienvereins sang „Wiener Blut“ und „An der schönen blauen Donau“, deren letzte Weisen wiederholt werden mußten. Die Ver­bindung mit dem Orchester, das selbständig seinen Walzer spielt, ist nur lose zusammengeriegelt wie der Chorsatz selber. Aber was tut's — Karneval bringt die Tage, wo Fünf eine gerade Zahl ist. S—g.

Zuletzt geändert am