Philharmonischer Chor Kiel

Kieler Neueste Nachrichten, 23.12.1925

Weihnachtsmusik des „Vereins der Musikfreunde“. Das dritte Volks­konzert stand unter dem Zeichen des bevorstehenden Weihnachts­festes. Es begann mit einer lustigen „Ouvertüre zu einem Puppen­spiel“ des von der vorigen Tonkünstlerwoche her durch sein humor­volles Divertimento für Blasinstrumente vorteilhaft bekannten Hans Gál. In seinen Tonfolgen und der Art seiner Instrumentation gehört er den Neuerern an. Sachte trippeln die Püppchen während der spitzi­gen, neckischen Figuren der Holzbläser, von den Streichinstrumenten Pizzicato begleitet, heran. Im Wechsel von zierlichen Walzerweisen und niedlichen Marschmelodien schreiten die kleinen Gestalten und drehen sich in lustigem Spiele dahin. Das selten gehörte Klavierkon­zert A-Moll von Edvard Grieg konnte mit all seiner Melodienfrische und Zartheit wohl als Weihnachtsmusik gelten. Ein eigener Klangreiz liegt über diesem Werke ausgebreitet. Es ist eine ausgeprägt nordische Musik, herber und weicher Schönheiten voll, die Hellmuth Steger als feinfühlender Musiker wohl auszudeuten verstand. Warum er im ersten Satz die beiden chromatischen Terzengänge in einfache Ton­folgen umwandelte, ist bei seiner sonst vorzüglichen Technik nicht recht ersichtlich; jedenfalls ist es nicht statthaft. Im Schlußsatz war das Zeitmaß bei aller Anerkennung der Bravour des Spielers doch etwas zu stürmisch. Im Mittelsatz dagegen trafen sich in dem Ton­dichter und dem Nachschöpfer zwei kongeniale Naturen. Hier blühte alles von Duft und Schönheit. — Schönste Weihnachtsfreude bereitete der A-cappella-Chor des Oratorienvereins mit dem Vortrag der alten, lieben Christfestgesänge. In prachtvollem Tonsatz und feinem, weichem Singen klang es bei brennenden Tannenbäumen von dem Reis, das aus Jesses Art entsprungen, vom Himmel hoch zu uns gekommen ist, um die Welt von allem Jammer zu erlösen. Gar lieblich mischten sich die herzigen Wiegenlieder hinein, die ausklan­gen in den Freudengesang: „In dulci jubilo, nun singet und seid froh.“ Wenn der Chor sich auch anfangs an den Raum gewöhnen mußte, der Tenor auch einmal etwas zu sehr hervortrat — es waren nur Kleinig­keiten gegenüber dem hohen künstlerischen Genuß, den diese hoch zu schätzende Chorvereinigung allen andächtig lauschenden Besu­chern bereitete. — Humpendincks lustige Musik aus „Hänsel und Gretel“ mit ihrer feinen Instrumentation, Robert Schumanns „Träu­merei“ und „Abendlied“ leiteten hinüber zu den Winterfreuden, die in Waldtenfels prickelndem Walzer „Die Schlittschuhläufer“ und Eilenbergs „Schlittenfahrt“ ihren musikalischen Ausdruck fanden. — Das Orchester musizierte mit großem Eifer und sichtlicher Wärme. Professor Dr. Stein führte durch alle Klippen des Klavierkonzerts sicher hindurch und konnte vor allem als Leiter des A-cappella-Chors reichen Beifall entgegennehmen. M—s.

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