Kieler Nachrichten, 03.03.2025
VON CHRISTOPH FORSTHOFF
KIEL. Lange Schlangen an der Tageskasse und vor dem Eingang: war es die Mahler-Begeisterung in der Landeshauptstadt oder doch eher eine überforderte Organisation, die am Sonntag für einen verspäteten Beginn des 5. Abonnementkonzertes der Kieler Philharmoniker in der Wunderino Arena sorgten? Vermutlich letzteres ... Doch spätestens mit dem ebenso kantabel wie erhaben entwickelten Schlussadagio dieser dritten Symphonie dürfte Gabriel Feltz einige neue Mahler-Liebhaber gewonnen haben.
Überhaupt erwies sich der Kieler Generalmusikdirektor (GMD) als Glücksfall für das Riesenwerk von (fast) 100 Minuten Länge und ließ immer wieder aufhorchen ob der fein herausgearbeiteten Details aus Mahlers ebenso spröden wie ungeglätteten, kantigen wie schneidend scharfen Bausteinen oder dem Bruch zwischen der monumentalen „Ersten Abteilung“ und den fünf folgenden, eher lyrisch gefärbten Sätzen. Feltz' 15-jährige Auseinandersetzung mit dem Schaffen dieses großen Empathikers für eine CD-Gesamtaufnahme aller Sinfonien hat hörbar tiefe gedankliche Spuren hinterlassen.
Seine Klarheit und Natürlichkeit des Herangehens sorgte so über alle glanzvollen wie düsteren Klangauftürmungen hinaus nicht nur in der Wunderhorn-Romantik der Mittelsätze für eine feine Durchhörbarkeit, ja bisweilen geradezu feingliedrige Delikatesse, die dank der überraschend guten Hallen-Akustik selbst die Blech-Soli aus der Ferne der Ränge leuchten ließ.
Und verdeutlichte einmal mehr, worauf Gabriel Feltz in seiner Interpretation setzte: Statt uferlosen Schönklangs eine bisweilen körperlich spürbare Spannung, die sich der Darstellung von Charakteren und Urzuständen widmete.
Faszinierend immer wieder die Homogenität der Philharmoniker. Selbst dass Aude Extrémo da mit schlanker Altstimme dem „Misterioso“ eine Nachdenklichkeit verlieh, passte stimmig zu dieser feingliedrigen Gesamt-Entwicklung – diesem Aufriss eines symphonischen Traums, den Feltz an diesem Vormittag Realität werden ließ.
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