Philharmonischer Chor Kiel

Kieler Nachrichten, 09.04.2018

Doppelter Mendelssohn:

Leidenschaft und Lobgesang

Eindrucksvolles 7. Philharmonisches Konzert mit Georg Fritzsch am Pult, dem Opernchor und dem Pianisten Alexander Krichel

VON ANNA STRUCK-BERGHÄUSER

KIEL. „Mendels­sohn satt“ gab es im 7. Philharmonischen Konzert: Gleich zwei Publikumsmagnete brachten GMD Georg Fritzsch und die Kieler Philharmoniker aufs Podium. Und die verfehlten ihre Wirkung nicht, sondern zogen eine erfreulich zahlreiche Hörerschaft in das gut besuchte Kieler Schloss.

Dabei hatte Mendelssohn selbst über sein 1831 entstandenes 1. Klavierkonzert g-Moll op. 25 gesagt, es handele sich um ein „schnell dahin­geworfenes Ding“ – und deutet an, ihm selbst gefalle das Werk längst nicht so gut wie dem Publikum. Das ist nicht recht nachvollzieh­bar, erst recht nicht, wenn das Jugendwerk so nuancenreich gespielt wird wie von Alexander Krichel: Zupackend-leidenschaftlich gestaltete er den Beginn, ließ Läufe unbeschwert dahinperlen, kostete die gesanglichen Passagen fein-lyrisch aus und fand für jeden Satz eine ganz eigene Klangsprache.

All das gelang in bestens abgestimmtem Zusammenspiel mit dem Orchester. So entstand ein eng verwobenes musikalisches Geflecht und Wechselspiel von Themen, Motiven und Passagen. Dabei war Krichel sich auch nicht zu schade, sich in den orchestralen Melodie­passagen dynamisch zurückzunehmen, ohne dabei an Prägnanz und Präzision zu verlieren. So konnte auch Fritzsch genussvoll Melodie­bögen spannen und schwelgen lassen. Die zahlreichen Bravorufe belohnte Krichel mit einem selbstkomponierten Lullaby als Zugabe.

Auch Mendelssohns Symphonie Nr. 2 „Lob­gesang“ erfreut sich beim Publikum seit der Uraufführung im Jahr 1840 ungeminderter Beliebt­heit. Wenn überhaupt möglich, steigerten sich die Philharmoniker hier sogar noch. So markant und rhythmisch präzise hört man den Beginn der Sinfonia längst nicht immer. Und im berückend-schönen Adagio religioso meinte man tatsächlich die Engel singen zu hören.

Die von Lam Tran Dinh einstudierte Kombination aus Opernchor und Philharmonischem Chor überzeugten mit deutlicher Artikulation, punktgenau flotten Fugen und dem intonatorisch bewundernswert sauberen Choral Nun danket alle Gott.

Auch mit dem Solistentrio war Fritzsch ein Glücksgriff gelungen: Die klaren Stimmen der Sopranistinnen Julia Borchert (kurzfristig einge­sprungen für die erkrankte Esther Dierkes) und Julia Moormann harmonierten im Duett Ich harrete des Herrn wunderbar miteinander. Und als zweiten Star des Konzertes neben dem Pianisten konnte man getrost Tenor Kai Kluge bezeichnen. Zwingender kann man die Tenor­arie Stricke des Todes hatten uns umfangen wohl nicht gestalten. Ins­besondere die wiederholten Ausrufe „Hüter, ist die Nacht bald hin?“ versah Kluge mit einer unwiderstehlichen Steigerung, wie sie intensi­ver nicht hätte sein können.

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