Kieler Nachrichten, 04.04.2022
Atmosphärisches Kopf-Kino
im XXL-Format
Die NDR Elbphilharmoniker und das Philharmonische Orchester Kiel in der Wunderino Arena
VON CHRISTIAN STREHK
KIEL. ...
Auch die Kieler Philharmoniker ziehen am nachfolgenden Sonntagmorgen britische XXL-Trümpfe. Generalmusikdirektor Benjamin Reiners bringt mit ihnen Bachs „Fantasie und Fuge c-Moll“ wunderbar unaufhaltsam strömend zum Glühen. Und er wagt mit Aplomb und Erfolg den spieltechnisch anspruchsvollen Höhenflug zu Gustav Holsts Tondichtungszyklus „die Planeten“ und seinem atmosphärischem Kopf-Kino.
Hier stimmen die Kopf-Kino-Charaktere genau; und auch die allermeisten, John Williams und Co den Weg weisenden Effekte: Der kriegerische „Mars“ wird (passend zu unseren osteuropäisch düsteren Tagen ...) von Reiners ganz als alarmierende Bedrohung vorangetrieben, „Jupiter“ erstrahlt zuversichtlich. Und wahrhaft mystisch schleichen sich die Frauenstimmen von Opernchor und Philharmonischem Chor im „Neptun“-Satz von irgendwo hinzu. Am allerschönsten gelingt vielleicht die majestätisch ausgekostete Würde des „Saturn“. Auch schon in den „Sieben frühen Liedern“ von Alban Berg haben die Philharmoniker manch schönen „Sphärenklang“ des Konzertmottos entdeckt. Aber sie sind hier doch insgesamt zu laut, um der zauberhaften Sopranstimme von Johanna Winkel eine echte Chance zur Entfaltung von Wort und Ton zu lassen.