Volkszeitung, 28.11.1967
Requiem im Kieler Schloß
Brahms' Totenklage als 4. Sinfoniekonzert
Undogmatische Frömmigkeit, tiefer Ernst, Trost ohne Phrase. Die Auseinandersetzung mit dem Tod, mit der Trauer der Lebenden, bezogen aus zutiefst romantischem Weltgefühl. Die Vergänglichkeit wird beschworen, an das dunkle Geheimnis wird gerührt. Wer aber Leid darum trägt, wird getröstet — nicht nur mit Hinweisen auf das himmlische Jenseits, sondern „wie einen seine Mutter tröstet“. (Allein die Textauswahl und -zusammenstellung wäre in keiner Zeit als der vor rund hundert Jahren denkbar gewesen), Kraft, Beseeltheit und Substanz des Werkes haben Bestand, geben ihm nach wie vor eine Sonderstellung unter den musikalischen Totenfeiern.
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Die Aufführung war trotz einiger Unebenheiten durchaus eindrucksvoll. GMD Gerhard Mandl dirigierte sparsam und konzentriert, arbeitete mit feinen dynamischen Abstufungen, die man in letzter Zeit selten von ihm hört, schien sehr auf plastische Durchformung bedacht. Zuweilen allerdings hätte ich mir schärfere Akzentuierung, effektivere Formulierung des Ausdrucks (vor allem im Orchester) gewünscht. Bezüglich der Tempi gab es gelegentlich Unstimmigkeiten mit dem Städtischen Chor (Fugen!), der im übrigen ausgezeichnet disponiert war: sauber, schön im Deklamatorischen, kraftvoll und geschmeidig, mit „klingendem“ Piano und ausdrucksvoller Kantabilität. Sehr klar auch die hier durchaus nicht einfache Artikulation; Norbert Scherlich hatte sorgfältige Vorarbeit geleistet.
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Edith Mathis (Hamburg/Berlin) sang das Sopransolo ungemein kultiviert; ihr Ton bleibt weich und rund, ihre Timbre warm auch in der hier so schwierigen Höhenlage, ihr Ausdruck ist innig belebt, ohne der Grenze zum Sentimentalen auch nur nahe zu kommen. Ihr Adäquat der Bariton Ernst Gerold Schramm (Hannover), dessen schön geführtes Material durch ungewöhnliche Leuchtkraft besticht.
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Im Konzertsaal nach solchem Werk leider nie vermeidbar: viel Beifall. S. M.
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Siehe auch T. W.
