Philharmonischer Chor Kiel

Kieler Nachrichten, 02.01.1970

Jahresausklang mit Beethoven

Zwei Funktionen hatte in diesem Jahr die Aufführung von Beetho­vens 9. Sinfonie im Konzertsaal im Schloß, neben dem traditionellen Jahresausklang leitete sie zugleich über in das Beethoven-Jahr 1970. Oft gerügte Schwächen der Partitur, die hauptsächlich im instrumen­tationstechnischen Bereich liegen, wurden hierbei allzu deutlich. Im Verein mit der problematischen Saalakkustik gelang es den Blech­blä­sern und Pauken leider allzu oft, mit Fülltönen und Tremoli die moti­vische Entwicklung in den Holzbläsern und Streichern völlig zuzu­decken, zumal der Dirigent Fritz von Bloh auf Klangregie verzichtete. Dazu kam eine das Maestoso des ersten Satzes überdehnende Tem­pogebung und eine wenig differenzierte Dynamik, die der Intensität gehörig Abbruch tat.

Besser gelangen die Mittelsätze, wenn auch dem Scherzo die letzte Spritzigkeit fehlte und im langsamen Satz bei aller gesanglichen Farbigkeit die unexakte Zeichengebung des Dirigenten bei den sonst sauber und genau spielenden Hamburger Symphonikern zeitweilig leichte Verwirrung auslöste.

Der insgesamt dann doch noch positive Eindruck des Abends resul­tierte aus dem gut musizierten Schlußsatz, in dem sich besonders der Kieler Städtische Chor, den Lothar Zagrosek einstudiert hatte, mit großem Stimmvolumen und reiner Tongebung bewährte. Auch die vier Solisten Rotraud Hansmann, Ortrun Wenkel, Friedreich Melzer und Siegmund Nimsgern trugen ihren Teil zum Gelingen dieses Satzes bei. Hervorzuheben sind besonders der Bassist im einleitenden Rezitativ, das er mit großer, volltönender Stimme und sauberer Deklamation gestaltete, und der intelligent geführte Tenor im marschartigen Mittelteil. Freundlicher Beifall im gutbesuchten Saal. (Konzertdirektion Streiber) W. K.

Zuletzt geändert am