Philharmonischer Chor Kiel

Volkszeitung, 15.01.1964

Heinrich Steiner dirigierte die Neunte

Zur Rendsburger Aufführung mit den Städtischen Chören Kiel und Flensburg

Erst in Flensburg, dann in Kiel und nun, zum dritten Male in diesem Konzertwinter, Beethovens Neunte, gemeinsam von den Städtischen Chören Kiel und Flensburg sowie dem Chor der Städtischen Bühnen Flensburg gesungen: ein Zusammenwirken über die städtischen Grenzen hinaus, das sich inzwischen erfreulich eingespielt hat. Zu welch homogener Gemeinschaft die Chöre der Fördestädte inzwi­schen, noch nicht einmal ein Jahr seit ihrem ersten gemeinsamen Konzert in Flensburg mit Dvoraks „Stabat Mater“, zusammengewach­sen ist, zeigte die Rendsburger Aufführung viel deutlicher als die Kieler unter Peter Ronnefeld, die an den akustischen Tücken der Ostseehalle scheiterte. Alle Stimmenregister sind gut besetzt, der Chor, sehr klangschön, reagierte präzise, nimmt die Intentionen des Dirigenten voll auf.

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Heinrich Steiners Interpretation mit dem Nordmark-Sinfonie-Orche­ster war von äußerster Intensität: leidenschaftliches Feuer, große dynamische Aufschwünge, kraftvolle Energie bestimmten die Wieder­gabe. Steiner nimmt manche Stellen des Werkes überraschend schnell, immer aber sind die Proportionen der Tempi zueinander richtig gesehen und gewagt. Dieser Dirigent weiß, daß in der Neunten nicht das schön modellierte Detail, sondern die große Linie zählt — und sie war in dieser Aufführung da!

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An fast allen großen deutschen Opernhäusern singen heute Sänger, die Steiner in den letzten zehn Jahren als Nachwuchskräfte entdeckt und nach Flensburg engagiert hat. Wenn man soviel Geschick beim Aufspüren von Talenten gezeigt hat, wenn man so viele schöne junge Stimmen in sein Ensemble geholt hat, darf man es wohl wagen, drei der vier Solopartien aus dem eigenen Opern-Ensemble heraus zu besetzen. Das Ergebnis rechtfertigte den Versuch voll: Edith Brodesen sang die Sopran-Partie mit strahlender, heller, sich mühelos entfaltender Leichtigkeit, Olivia Brewer sekundierte ihr in der Alt-Partie ausgezeichnet, und Robert Bennet, dessen Tenor in der Höhe allerdings etwas flach klingt, gab dem alla-marcia-Teil das ihm gebührende Gewicht. Der Bassist Claus Ocker, schön gestaltend, aber gelegentlich nicht voluminös genug, ergänzte das Solisten-Quartett.

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Den Sängern, den Chören und dem Orchester galt reicher Beifall, der sich immer wieder steigerte, wenn Steiner auf dem Podium erschien. P. D.

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