Philharmonischer Chor Kiel

Kieler Nachrichten, 28.02.1987

Lebendiger Ausdruck

Mozart-Konzert in der Petruskirche

1780: Den 24jährigen Mozart beflügelte der Münchner Auftrag, eine Oper, nämlich Idomeneo zu schreiben. Es war die Zeit, als Goethe und Gluck, jeder für sich, eine Iphigenie auf Tauris und Lessing den Nathan verfaßten. Die kulturelle Elite setzte auf aufgeklärten Huma­nismus. — Wie in einem Brennglas wurde im Programm des 3. Kieler Mozartkonzerts des VdM in der Petruskirche das Klima jener Jahre eingefangen.

Drei von 18 Kirchensonaten, also nur wenige Minuten dauernde einsätzige Werke vorwiegend für Streicher und Orgel (KV 263, 274 und 278 in der „perfekten“ Tonartenfolge C-G-C-Dur) spielten die Kieler Philharmoniker zunächst: Füllsel auch hier wie einst im Salz­burger Dom, als diese auf eine reduzierte Sonatensatzform zusam­mengestauchte Allegro-Musik innerhalb von Meßgottesdiensten zwischen Epistel- und Evangelienlesungen erklang.

Der Kieler Kapellmeister Stefan Klieme dirigierte, stellvertretend für den GMD Hans Zanotelli, wußte dabei den Orchesterklang allmählich zu lichten und zu runden. Abgesehen vom Farbelement der Orgel war noch nichts Kirchliches darin zu finden, anders als in einigen Teilen einer vollständigen Vesper, die auf ein Viola-Konzert des Mozart-Zeit­genossen Hoffmeister folgte. Fünf Psalmen und ein abschließendes Magnificat ließen die von dem Städtischen Chor Kiel gebotenen Ves­perae solennes de confessore KV 339 eindrucksvoll vor dem Publikum abrollen, ein auch durch die persönlichen Umstände inspiriertes Werk, das letzte Kirchenwerk für Salzburg, in das Mozart nun all sein Können legen konnte.

Die von Imre Sallay einstudierten 90 Chorsänger folgten dem Mozartschen Zug zu lebendigem Ausdruck und einer starken Bewe­gung, in die sich auch das Quartett der Gesangssolisten vom Kieler Opernhaus, der Sopran mit Valerie Errante, die Mittelstimmen mit der Mezzosopranistin Janet Cobb und dem Tenor Koichi Maeda und der konturgebende Baß mit Elmar Oberhomburg harmonisch einfügte. Valerie Errante bestach mit schönem Ansatz, weitem Atem und ver­innerlichter Gefühlshaltung. Poetisch andächtig klang auch der Chor im Laudate Dominum, nachdem bereits die vorhergehende altmeister­liche Chorfuge des Laudate pueri in ihrer von Posaunen und Trompe­ten unterstützten Klangpracht ihre Wirkung nicht verfehlen konnte.

Ein charakteristisches Werk, das auch die Voraussetzung einer von vornherein verständlichen, weil mit gängigen Wendungen und Struk­turen gebauten Unterhaltungsmusik in frühklassischer Zeit erfüllte, boten die Kieler Philharmoniker und ihr Solobratscher Johannes Santa mit einem der 21 Solokonzerte, dem Konzert für Viola D-Dur von Franz Anton Hoffmeister. Das Orchester fand hier zu dynmisch differenzier­tem, rhythmisch federnden Gestus, während der Solist im ersten Satz zunächst noch Mühe hatte, Skalen und Läufe immer rein zu intonie­ren. Doch wußte Johannes Santa vieles wettzumachen mit sauberen Doppelgriffen, kreisenden Triolenpassagen und einer überaus langen Kadenz, die ihrer nachklassischen Prägung wegen sicher nicht von Hoffmeister stammte. Das d-Moll-Adagio trug die edlen Züge eines Gluck: Auch hier schob der Solist eine längere Kadenz ein. Munterkeit versprühte das Thema im abschließenden Rondo: Hier blieben Orchester und Bratscher einander nichts schuldig. E.N.

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